1. Warum Nachrangdarlehen für viele Unternehmen interessant sind

Wie kann ein junges Tech-Startup Geld für die erste Produktserie einsammeln, ohne sofort Anteile abzugeben? Oder wie finanziert ein Projektierer den Bau einer Solaranlage, wenn die Bank zurückhaltend ist? Eine Lösung sind Nachrangdarlehen. Sie bieten die Möglichkeit, Kapital direkt von Unterstützern, Kunden oder privaten Investoren zu erhalten. Damit diese Form der Finanzierung nicht im Graubereich bleibt, fordert der Gesetzgeber in bestimmten Fällen ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB). In diesem Artikel erfahren Sie, wie Nachrangdarlehen funktionieren und wann ein VIB Pflicht wird.

2. Was ist ein Nachrangdarlehen?

Ein Nachrangdarlehen ist eine Mischform zwischen klassischem Kredit und Eigenkapital und eignet sich besonders für junge Unternehmen.

Ein Nachrangdarlehen bedeutet, dass private Geldgeber einem Unternehmen Kapital zur Verfügung stellen und dafür Zinsen erhalten. Anders als bei einem Bankkredit verlangt der Investor in der Regel keine Sicherheiten. Im Unterschied zur Beteiligung muss der Unternehmer keine Anteile abgeben, behält also die volle Kontrolle. Damit liegt das Nachrangdarlehen zwischen Fremd- und Eigenkapital: Es funktioniert wie ein Kredit, wird aber bilanziell oft eher wie Eigenkapital bewertet. Sinnvoll ist es für Unternehmen, die Flexibilität brauchen, ohne auf klassische Sicherheiten zurückgreifen zu können, etwa Startups, kleine Betriebe oder Projektentwickler.

Wie funktioniert der Nachrang (qualifizierter Rangrücktritt)?

Das Besondere am Nachrangdarlehen ist der sogenannte Rangrücktritt. Im Falle einer Insolvenz werden die Geldgeber erst nach allen anderen Gläubigern bedient. Für Investoren bedeutet das ein höheres Risiko, für Unternehmer jedoch einen klaren Vorteil: Banken und andere Kreditgeber akzeptieren Nachrangdarlehen oft als eigenkapitalähnlich, weil sie im Ernstfall hinten angestellt sind. Dadurch steigt die Chance, zusätzliches Fremdkapital zu bekommen. Der Unternehmer gewinnt Flexibilität bei der Finanzierung, während die Anleger bewusst ein höheres Risiko für eine entsprechende Verzinsung eingehen.

3. Wann brauche ich ein VIB (Vermögensanlagen-Informationsblatt)? Öffentlich vs. privat

Entscheidend ist, ob Sie Ihr Nachrangdarlehen öffentlich anbieten oder nur im kleinen, klar abgegrenzten Kreis platzieren. Sobald es öffentlich wird, verlangt die BaFin in der Regel ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) – ein dreiseitiges Dokument, das Anlegern die wichtigsten Fakten zu Ihrem Angebot in verständlicher Form liefert. Einen ausführlichen Überblick dazu finden Sie in unserem VIB-Guide.

Praxisbeispiele Nachrangdarlehen VIB

Ob ein Angebot als „öffentlich“ gilt, hängt weniger von der Absicht als von der Reichweite ab. Einige Beispiele:

Instagram- oder Facebook-Post mit Konditionenöffentliches Angebot, VIB erforderlich
Formular auf Ihrer Website zur Zeichnung eines Darlehensöffentliches Angebot, VIB erforderlich
Newsletter an einen großen Verteileröffentliches Angebot, VIB erforderlich
Gespräch mit drei befreundeten Unternehmernprivat, kein VIB notwendig
Individuelle Mail an einen engen Bekanntenkreisprivat, kein VIB notwendig, solange klar abgegrenzt

Sobald Sie nicht mehr gezielt Einzelpersonen, sondern eine breite Öffentlichkeit ansprechen, greift die VIB-Pflicht.

Brauche ich ein VIB für mein Nachrangdarlehen?

Um die VIB-Pflicht einzuschätzen, können Sie sich folgende Fragen stellen:

  1. Spreche ich mehr als nur einzelne, klar bekannte Personen an? → Ja = tendenziell öffentlich.
  2. Stelle ich Konditionen wie Zins oder Laufzeit dar? → Ja = VIB wahrscheinlich erforderlich.
  3. Ist mein Angebot zeitlich unbegrenzt oder dauerhaft abrufbar (z. B. Website)? → Ja = öffentlich.
  4. Können beliebig viele Personen mein Angebot sehen oder teilen? → Ja = öffentlich.
  5. Erwarte ich Kapital von mehreren Investoren gleichzeitig? → Ja = VIB erforderlich.

Wenn mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, sollten Sie von einer VIB-Pflicht ausgehen.

4. BaFin-Praxis: Häufige Nachforderungen beim VIB

Auch wenn ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) nur drei Seiten umfasst, prüft die BaFin es sehr genau. Viele Einreichungen werden zunächst mit Änderungswünschen zurückgeschickt. 

Typische Punkte sind:

  • Risiken unvollständig dargestellt: Anleger müssen klar und ohne Beschönigung über Verlustrisiken informiert werden.
  • Renditeangaben zu optimistisch: Prognosen müssen nachvollziehbar und realistisch sein.
  • Unklare Mittelverwendung: Es muss erkennbar sein, wofür das Kapital konkret eingesetzt wird.
  • Werbliche Sprache: Das VIB darf keine Marketing-Broschüre sein, sondern muss sachlich bleiben.

Solche Nachforderungen kosten Zeit und bei Kanzleien meist nochmals Geld. Moderne digitale Lösungen wie der Broadside Generator gehen noch einen Schritt weiter: Sie berücksichtigen typische Prüfpunkte bereits beim Erstellen und enthalten spätere Anpassungen im Festpreis.

5. Strukturvarianten von Nachrangdarlehen: Zinsmodelle & Tilgung

Nachrangdarlehen sind nicht starr, sondern lassen sich in Struktur und Einsatzgebiet an die Bedürfnisse von Projekten und Anlegern anpassen.

Erfolgsabhängige Verzinsung, Step-Up, Bullet/Tilgungsfrei

Ein Nachrangdarlehen kann klassisch mit fester Verzinsung ausgestaltet sein, es gibt aber auch Varianten:

  • Tilgungsfrei / Bullet: Rückzahlung erst am Ende der Laufzeit, entlastet kurzfristig den Cashflow.
  • Erfolgsabhängige Verzinsung: Zins orientiert sich am Geschäftserfolg.
  • Step-Up-Struktur: Zinsen steigen mit zunehmender Laufzeit.

Praxisbeispiele: So nutzen Unternehmen Nachrangdarlehen

Early-Stage-SaaS 

Ein junges Software-Startup möchte die erste Produktversion und das Kunden-Onboarding finanzieren. Mit einem Nachrangdarlehen behält das Team die volle Kontrolle, ohne Anteile abzugeben. Werden Investoren über eine öffentliche Kampagne angesprochen, ist ein VIB erforderlich.

Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln

Ein junges Unternehmen plant die Produktion einer neuen Produktlinie und benötigt Kapital für Herstellung und Marketing. Stammkunden und Unterstützer stellen über Nachrangdarlehen die nötigen Mittel bereit. Sobald die Konditionen öffentlich beworben werden, entsteht eine VIB-Pflicht.

Gastro-/Franchise-Rollout

Ein Betreiber eröffnet eine zweite Filiale und muss Umbau, Ausstattung und Anlaufphase finanzieren. Nachrangdarlehen von Gästen und lokalen Unterstützern schaffen die nötige Liquidität. Werden Flyer oder Social Media genutzt, ist ein VIB notwendig.

Erneuerbare-Energie-ProjekteEin Projektierer errichtet eine kleine Solaranlage auf einem Dach. Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich über Nachrangdarlehen und erhalten Zinsen. Da die Ansprache über eine offene Kampagne erfolgt, wird ein VIB erforderlich.

6. Kosten & Zeitaufwand von Nachrangdarlehen-Finanzierungen

Wie schon beschrieben reicht es für Nachrangdarlehen nicht, nur Verträge aufzusetzen. Sobald das Angebot öffentlich beworben wird, ist ein Vermögensanlagen-Informationsblatt gesetzlich vorgeschrieben. Dieses Dokument wird von der BaFin geprüft und muss strengen inhaltlichen und sprachlichen Vorgaben entsprechen. Es lässt sich daher nicht „mal eben schnell“ erstellen. Traditionell übernehmen die Erstellung von VIBs spezialisierte Kanzleien mit entsprechend hohen Kosten und langer Bearbeitungszeit.  Wer heute aber digitale Lösungen nutzt, verkürzt den Zeitaufwand deutlich und behält die Kosten durch Festpreise besser im Blick. 

Vorbereitung: Diese Daten sind gesetzlich gefordert

Damit ein VIB von der BaFin akzeptiert wird, müssen bestimmte Angaben zwingend enthalten sein. Dazu gehören eine präzise Projektbeschreibung, die geplante Mittelverwendung, die wesentlichen Risiken, Konditionen zu Zins und Tilgung sowie die vorgesehene Laufzeit. Wer diese Informationen vorab strukturiert, erleichtert die Erstellung und reduziert das Risiko von Nachforderungen.

Kommunikation mit Anlegern: Dos and Don’ts

Auch die Sprache im VIB ist rechtlich reguliert. Gefordert werden klare Formulierungen, nachvollziehbare Zahlen und eine ausgewogene Darstellung von Chancen und Risiken. Unzulässig sind Renditegarantien, übertriebene Versprechen oder unklare Angaben zur Mittelverwendung. Diese Vorgaben sollen sicherstellen, dass Anleger eine fundierte Entscheidung treffen können – unabhängig davon, wie attraktiv ein Projekt präsentiert wird.

Risiken bei Nachrangdarlehen

Bestimmte Hinweise sind gesetzlich vorgeschrieben und dürfen im VIB nicht fehlen. Dazu zählen die Nachrangigkeit, also die nachgelagerte Rückzahlung im Ernstfall, die Bindung der Liquidität über die gesamte Laufzeit sowie das mögliche Totalverlustrisiko. Diese Risiken müssen klar und unmissverständlich aufgeführt werden. 

Risiken bei Nachrangdarlehen:

  • Nachrangigkeit: Rückzahlung erst nach anderen Gläubigern
  • Liquiditätsbindung: Kapital steht für die Laufzeit nicht zur Verfügung
  • Totalverlustrisiko: Anleger können ihr eingesetztes Geld vollständig verlieren

Diese Risiken müssen Anleger immer klar und verständlich erkennen können.

7. Fazit: Klarheit für die Finanzierungsentscheidung

Nachrangdarlehen gehören zu den Finanzierungsinstrumenten, die besonders für junge Unternehmen und Projekte interessant sein können. Sie eröffnen Zugang zu Kapital, ohne dass Anteile abgegeben werden müssen, bringen aber erhöhte Risiken für Anleger mit sich. Damit diese Form der Finanzierung rechtlich zulässig ist, verlangt die BaFin bei öffentlichen Angeboten ein Vermögensanlagen-Informationsblatt. Dieses sorgt dafür, dass Chancen und Risiken klar offengelegt werden. Mit digitalen Lösungen lässt sich ein VIB heute deutlich schneller und strukturierter erstellen als im klassischen Kanzleiweg. Damit werden Nachrangdarlehen auch für Unternehmen zur Finanzierungsoption, die den bisherigen Zeit- und Kostenaufwand nicht tragen können.