1. Warum die Frage „VIB oder Verkaufsprospekt?“ entscheidend ist

In Deutschland reicht es nicht, einfach Investoren zu finden und Kapital einzusammeln. Ab einer bestimmten Größenordnung verlangt der Gesetzgeber offizielle Unterlagen, die Transparenz und Rechtssicherheit gewährleisten. Am häufigsten fallen dabei zwei Begriffe: das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) und der Verkaufsprospekt.

Beide Dokumente spielen eine zentrale Rolle bei der Kapitalaufnahme, doch ihre Unterschiede sind vielen kaum bekannt. Noch häufiger entsteht Unsicherheit darüber, in welchen Fällen welches Dokument tatsächlich vorgeschrieben ist – und wann sogar beide notwendig sind.

Gerade in frühen Finanzierungsphasen kann die richtige Wahl entscheidend sein. Ein zu spät erstellter Prospekt kostet Monate, ein unnötig aufgesetzter Prospekt verbrennt Geld. Ganz auf Dokumentation zu verzichten, bedeutet ein Risiko für Sanktionen und den Verlust von Vertrauen bei Investoren.

In diesem Artikel klären wir auf, ob für eine geplante Finanzierungsrunde ein VIB ausreicht, ein Prospekt zwingend notwendig ist oder beide Dokumente im Verlauf relevant werden.

2. Grundverständnis: Was ist ein VIB, was ist ein Verkaufsprospekt?

Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen beiden Dokumenten zu kennen. Beide gehören zum Regulierungssystem, erfüllen aber sehr unterschiedliche Zwecke:

Ein VIB ist stark standardisiert und umfasst maximal drei DIN-A4-Seiten. Darin stehen die wichtigsten Eckdaten eines Finanzierungsangebots in verständlicher Sprache: Wer bietet die Anlage an? Wie hoch ist das Risiko? Welche Kosten entstehen für Anleger? Das VIB soll Investoren schnell und transparent einen Überblick über Chancen und Risiken geben.

Der Verkaufsprospekt ist dagegen das Schwergewicht unter den Kapitalmarkt-Dokumenten. Er kann über einhundert Seiten umfassen und enthält alles von juristischen Erläuterungen bis hin zu detaillierten Finanzkennzahlen. Ein Prospekt ist bei größeren Summen und komplexeren Strukturen zwingend vorgeschrieben. Er soll sicherstellen, dass Investoren sämtliche relevanten Informationen erhalten, auch wenn diese nicht immer leicht verdaulich sind.

Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB):

  • Standardisiert, maximal drei DIN-A4-Seiten
  • Enthält zentrale Eckdaten: Anbieter, das Angebot sowie Risiken, Kosten, etc.
  • In klarer Sprache formuliert, für schnelle Transparenz
  • Erstellung mit Generator in weniger als 24 Stunden, über eine Kanzlei in 1–3 Monaten
  • Kosten: fünfstelliger Bereich in einer Kanzlei, 60–80 % Ersparnis mit Generator

Verkaufsprospekt:

  • Umfangreiches Dokument, das über einhundert Seiten umfassen kann
  • Enthältdas Angebot sowie die dazugehörigen juristischen Details, Finanzkennzahlen und Risikodarstellungen
  • Pflicht bei größeren Summen oder komplexen Strukturen
  • Ziel: umfassender Schutz der Anleger durch vollständige Information
  • Kosten: sechsstellig in einer Kanzlei, 60–80 % Ersparnis mit Generator

3. Rechtliche Basis: Wann verlangt die BaFin was?

Die zentrale Instanz für Finanzierungsrunden in Deutschland ist die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Sie legt fest, wann ein VIB genügt und wann zwingend ein Verkaufsprospekt gesetzlich erforderlich ist. Maßgeblich sind vor allem Finanzierungsvolumen, Art des Angebots und die angesprochene Anlegergruppe.

Ein VIB ist verpflichtend, wenn Vermögensanlagen öffentlich angeboten werden, ohne dass ein vollständiger Prospekt erstellt werden muss. Die BaFin hat dafür gemäß gesetzlicher Vorgaben klare Schwellenwerte festgelegt: Bis zu einer bestimmten Summe und unter Einhaltung spezieller Bedingungen reicht das Informationsblatt aus. So soll es jungen Unternehmen möglich sein, Investoren transparent anzusprechen, ohne sofort die hohen Kosten eines Prospekts tragen zu müssen.

Ein Verkaufsprospekt – Grundlage für die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts ist die EU-Prospektverordnung 2017/1129 (EU-Prospekt-VO)- Er wird erforderlich, sobald das Angebot eine größere Dimension erreicht. Das betrifft Finanzierungen, die ein breites oder institutionelles Publikum ansprechen oder die definierten Volumengrenzen überschreiten. In diesen Fällen verlangt die BaFin detaillierte Angaben zu Risiken, rechtlichen Rahmenbedingungen und Unternehmensdaten – und prüft den Prospekt entsprechend streng.

Ein Punkt, der oft übersehen wird: Auch wenn zu Beginn ein VIB ausreicht, kann später dennoch ein Prospekt notwendig werden, zum Beispiel wenn die Finanzierungsrunde ausgeweitet wird. Es lohnt sich daher, die Planung nicht nur am aktuellen Kapitalbedarf auszurichten, sondern auch mögliche Wachstumsschritte einzukalkulieren.

VIB-Pflicht:

  • Erforderlich bei öffentlichen Angeboten von Vermögensanlagen ohne vollständigen Prospekt
    Gilt bis zu bestimmten Schwellenwerten und unter klaren Bedingungen
  • Erleichtert jungen Unternehmen den Zugang zu Investoren ohne hohe Prospektkosten

Prospektpflicht:

  • Greift bei größeren Finanzierungsvolumen, breitem Anlegerpublikum oder institutionellen Investoren
  • Umfasst detaillierte Angaben zu Risiken, Rechtslage und Unternehmensdaten
  • Wird von der BaFin streng geprüft

4. Praxisvergleich: Aufwand, Kosten und Geschwindigkeit

Im Finanzierungsprozess zählen nicht nur die rechtlichen Anforderungen, sondern auch die praktische Umsetzbarkeit. Am Ende entscheiden meist Zeit und Budget, ob eine Finanzierung gelingt oder ob sie in bürokratischen Schleifen hängen bleibt.

Ein VIB benötigt trotz seines standardisierten Aufbaus über eine Kanzlei ca. 1 bis 3 Monate Zeit. Mit bald verfügbaren digitalen Lösungen lässt sich dieser Zeitraum auf weniger als 24 Stunden verkürzen. Auch die Kosten bleiben dabei kalkulierbar und bewegen sich in einer Größenordnung, die gerade für junge Unternehmen gut tragbar ist.

Der Verkaufsprospekt verlangt deutlich mehr Ressourcen. Er muss derzeit von spezialisierten Kanzleien erstellt werden, oft unter Einbindung zusätzlicher Gutachten und Finanzprüfungen. Die Zeitspanne vom ersten Beratungsgespräch bis zur Genehmigung durch die BaFin umfasst Monate. Gleichzeitig bewegen sich die Kosten für den gesamten Prozess etwa im sechsstelligen Bereich. Für große Finanzierungsrunden mag das angemessen sein, für Start-Ups in frühen Phasen ist es meist eine kaum zu bewältigende Hürde. Mit den Broadside Tools wird sich künftig auch hier Zeit- und Kostenaufwand deutlich reduzieren lassen.

Für schnelle, pragmatische Finanzierungen bietet das VIB einen deutlichen Vorteil, während der Prospekt erst bei großem und langfristig geplanten Kapitalbedarf zum Einsatz kommt.

5. Für wen eignet sich was?

Die Frage, ob ein VIB oder ein Verkaufsprospekt erforderlich ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Maßgeblich sind Phase des Unternehmens, Höhe des Kapitalbedarfs und die Art der Investoren. 

Ein VIB eignet sich vor allem, wenn erste Investoren schnell und unkompliziert angesprochen werden sollen. Typische Fälle sind kleine Finanzierungsrunden über Crowdinvesting-Plattformen, Nachrangdarlehen oder tokenbasierte Modelle. Der Vorteil liegt darin, mit überschaubarem Aufwand regulatorisch sauber aufzutreten und Vertrauen bei Anlegern aufzubauen.

Ein Verkaufsprospekt wird notwendig, sobald die Finanzierungsziele größer werden. Wer institutionelle Investoren gewinnen möchte oder ein Volumen plant, das über die VIB-Schwellenwerte hinausgeht, braucht die Tiefe und formale Strenge eines Prospekts.

VIB:

  • ideal für frühe Finanzierungsphasen und kleinere Runden
  • geeignet für Crowdinvesting, Nachrangdarlehen, Genussrechte oder tokenisierte Modelle
  • hilfreich für Gründer ohne tiefes Finanzwissen, die regulatorisch sicher auftreten möchten
  • besonders vorteilhaft, wenn Geschwindigkeit und Kosten im Vordergrund stehen

Verkaufsprospekt:

  • Pflicht bei hohem Kapitalbedarf und institutionellen Investoren
  • unverzichtbar bei komplexen Finanzinstrumenten oder internationalen Platzierungen
  • geeignet für Unternehmen, die sich langfristig am Kapitalmarkt positionieren möchten
  • signalisiert Stabilität und Professionalität bei größeren Summen

6. Fazit: Klarheit für die Finanzierungsentscheidung

Die Entscheidung zwischen VIB und Verkaufsprospekt hängt stark von Kapitalbedarf, Unternehmensphase und Zielgruppe ab.

Ein VIB bietet sich an, wenn Kapital schnell und kostengünstig eingeworben werden soll. Der Verkaufsprospekt wird notwendig, sobald größere Summen im Raum stehen oder institutionelle Investoren angesprochen werden.

Bei der Planung einer Finanzierung lohnt es sich daher, beide Instrumente im Blick zu behalten. Das VIB erleichtert den Einstieg, der Prospekt eröffnet die Möglichkeit, auch umfangreiche Runden regulatorisch sauber und professionell umzusetzen.